Informationen über Ombudsleute

Redakteure, die es wissen müssen, empfehlen Medien-Ombudsleute weiter.

 

Von Anton Salender


Die Universität Leipzig hat in einigen Redaktionen nach der Wahrnehmung der selbstreflexiven Einrichtungen gefragt. Die Ergebnisse sind Bausteine zu einer Forschung, über die es bisher nur wenig zu berichten gab.

Die Wirkungen von Medien-Ombudsleuten (auch Leseranwälte) in ihre Redaktionen hinein sind fortan deutlich besser zu belegen als bisher. Dafür sorgt eine Befragung des Institutes für Kommunikations- und Medienwissenschaften der Universität Leipzig, vorwiegend im Mai 2022, an der 113 Redakteure und Redakteurinnen teilgenommen haben, die es wissen müssen. Denn in deren Häusern existiert jeweils eine solche Einrichtung für Selbstreflexion und Selbstkritik. Es geht in der Umfrage vorwiegend um deren Wahrnehmung und Präsenz im Inneren.

Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen

Ein wesentliches Ergebnis lautet: Mehr als 85 Prozent (N 88) empfehlen auch anderen Redaktionen die Einrichtung einer Ombudstelle. Das kommt einer Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen einiger Ombudsleute für deren bisherige Arbeit gleich. Damit beantwortet es eine Reihe von Fragen, die sie sich selbst gestellt haben, aber längst
nicht alle.

Grundlagen zur Weiterführung

Das Leipziger Institut hat insgesamt einen stabilen Grundstein zu einer Forschung geliefert, über die es bisher nur wenig zu berichten gab. Das heißt, es gibt erste greifbare Grundlagen, um die Wirkungsuntersuchungen weiterzuführen, dabei mit Tiefen-Interviews in Redaktionen und der Befragung nach der Außenwirkung, also im Publikum der genannten Tageszeitungen.

Zu beachten ist bei den vorliegenden Ergebnissen, dass die Ombudsarbeit in den befragten Redaktionen in unterschiedlichen Modellen umgesetzt wird. Außerdem sprechen nur die hohen Teilnehmerzahlen bei den Oberpfalzmedien und bei der Mediengruppe Main-Post dort für einigermaßen repräsentative Ergebnisse.

Medien-Ombudsleute (Präsentation Universität Leipzig 2022).pdf

Medien-Ombudsleute (ergänzende Auswertung Universität Leipzig 2022).pdf

 

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Was ist ein Ombudsmann?

Der Weltverband, die Organization of News Ombudsmen, schreibt dazu auf seiner Homepage:

Ein Ombudsmann ist jemand, der Beschwerden bearbeitet und versucht, für beide Seiten befriedigende Lösungen zu finden. Ombudsleute sind in Behörden, Vereinigungen, Krankenhäusern, Universitäten und anderen Einrichtungen zu finden. Der erste Ombudsmann wurde 1809 in Schweden bestellt, um Beschwerden der Bürger über die Regierung zu bearbeiten. Das Wort wird „Om-BUDS-Mann“ ausgesprochen und ist skandinavischen Ursprungs.

 

Was ist ein Medien-Ombudsmann?

Ein Medien-Ombudsmann nimmt Beschwerden von Zeitungslesern, Radiohörern oder Fernsehzuschauern über die Richtigkeit, Fairness, Ausgewogenheit und den guten Geschmack der Berichterstattung entgegen und untersucht sie. Er empfiehlt geeignete Abhilfemaßnahmen oder Reaktionen, um Medienberichte zu korrigieren oder klarzustellen.

 

Warum sollten eine Zeitung oder ein Radio- oder Fernsehsender einen Ombudsmann haben?

  • Um die Qualität der Berichterstattung durch Überwachung der Richtigkeit, Fairness und Ausgewogenheit zu verbessern.
  • Um dafür zu sorgen, dass ihr Nachrichtenanbieter für die Leser oder Zuschauer besser erreichbar und ihnen gegenüber rechenschaftspflichtig ist und damit glaubwürdiger wird.
  • Um ihren Nachrichtenprofis die Bedenken der Öffentlichkeit deutlicher bewusst zu machen.
  • Um Verlegern und Chefredakteuren, Sendern und Nachrichtendirektoren Zeit zu sparen, weil Beschwerden und andere Anfragen direkt einer verantwortlichen Person zugeleitet werden.
  • Um Lösungen für einige Beschwerden zu finden, die sonst Rechtsanwälten übergeben und so zu kostspieligen Rechtsstreitigkeiten werden.

 

Wie arbeiten Medien-Ombudsleute?

Ombudsleute haben unterschiedliche Arbeitsweisen. In der Regel überwachen sie aber die Fairness, Richtigkeit und Ausgewogenheit von Nachrichten und Reportagen, Fotos und sonstigem Bildmaterial. Sie machen die entsprechenden Mitarbeiter der Zeitung auf Elemente aufmerksam, die die Qualitätsanforderungen nicht erfüllen.

Sie untersuchen Stellungnahmen und Beschwerden über veröffentlichte oder gesendete Nachrichten und Reportagen und beantworten diese. Sie nehmen Erklärungen von Redakteuren und anderen Mitarbeitern für Leser, Zuschauer oder Zuhörer entgegen.

Einige beaufsichtigen die Erstellung von Berichtigungen. Andere verfassen interne Newsletter über die Meinungen und Beschwerden von Lesern. Viele Medien-Ombudsleute schreiben regelmäßige Kolumnen, in denen sie sich mit Themen von allgemeinem öffentlichem Interesse oder spezifischen Beschwerden befassen. Kolumnen können gegebenenfalls kritisieren, erklären oder loben.

Andere Ombudsleute initiieren oder koordinieren öffentliche Foren oder Leserbeiräte, um engere Verbindung zu den Lesern zu halten. Viele sprechen vor unterschiedlichen öffentlichen oder privaten Gruppen, um die Methoden der Medien zu erläutern. Einige senden Fragebögen an Personen, deren Namen in Berichten genannt wurden, in denen diese nach der Richtigkeit gefragt und um Stellungnahmen gebeten werden.

In kleineren Medienunternehmen halten es Ombudsleute für nötig, andere Pflichten im Zusammenhang mit der Nachrichtenberichterstattung zu übernehmen. Auf jeden Fall sind Ombudsleute generell nur in beratender und nicht in disziplinarischer Funktion tätig.

 

Welchen Nutzen hat die Öffentlichkeit?

Ein Ombudsmann hilft, den Prozess der Berichterstattung gegenüber der Öffentlichkeit zu verdeutlichen. Dieser Prozess ist häufig rätselhaft und vielen Lesern deshalb suspekt.

Einen Ansprechpartner zu haben, kann zur Überwindung der Vorstellung beitragen, die Medien seien abgehoben, arrogant oder unsensibel für die Sorgen der Öffentlichkeit und für Durchschnittsbürger generell unerreichbar.

 Die Kolumne eines Ombudsmannes bietet den Lesern ein weiteres nützliches Forum, insbesondere in Städten mit nur einer Zeitung.

 

Wer zahlt?

Die meisten Ombudsleute werden aus den Reihen der leitenden Mitarbeiter der Zeitung oder des Senders ausgewählt, in denen sie ihre Überwachungsfunktion ausüben. Einige haben befristete Verträge. Auf jeden Fall haben sie in der Regel große journalistische Erfahrung und werden ausgewählt, weil sie die Fähigkeit besitzen, offen und ungezwungen in Kontakt mit den Lesern zu treten.

 

Ist dies eine neue Idee?

Relativ gesehen ja — zumindest in den Vereinigten Staaten und Kanada. Der erste Zeitungsombudsmann in den USA wurde im Juni 1967 in Louisville, Kentucky, für die Leser des Courier-Journal und der Louisville Times bestellt. Die erste Bestellung eines Ombudsmanns in Kanada — beim Toronto Star — erfolgte 1972. Das Konzept wurde in Japan viel früher angewendet. Die Asahi Shimbun in Tokio gründete 1922 einen Ausschuss zur Entgegennahme und Untersuchung von Leserbeschwerden. Ein weiteres Massenblatt in Tokio, Yomiuri Shimbun, richtete 1938 einen Personalausschuss zur Überwachung der Qualität der Zeitung ein. Im Jahr 1951 wurde diese Gruppe zum Ombudsmann-Ausschuss, der heute Leserbeschwerden über die Zeitung anhört und täglich mit den Redakteuren zusammentrifft. Medien-Ombudsleute sind heute in ganz Nord- und Südamerika, Europa und Teilen des Nahen und Mittleren Ostens und Asiens zu finden.

 

Heißen sie immer „Ombudsleute“?

Nein. Einige Zeitungen verwenden Titel wie „Leservertreter“, „Leseranwalt“ oder „Leserbotschafter“. Andere haben einen Assistenten des leitenden Redakteurs oder Chefredakteurs, der als Ombudsmann fungiert.

 

Was ist die Organization of News Ombudsmen (ONO)?

Die 1980 gegründete ONO ist eine gemeinnützige Vereinigung mit einer internationalen Mitgliedschaft von aktiven und assoziierten Mitgliedern. Sie hält Kontakt zu Ombudsleuten weltweit und organisiert Jahreskonferenzen, die in der Stadt eines Mitglieds abgehalten werden und auf denen über neue Verfahrensweisen bei Zeitungen sowie ein breites Spektrum von Fragen im Zusammenhang mit der Arbeit von Ombudsleuten diskutiert wird.

 

Wie lautet das „Mission Statement“ der ONO?

  1. Der Medien-Ombudsmann setzt sich für den Schutz und die Steigerung der Qualität des Journalismus durch Förderung eines respektvollen und wahrheitsgemäßen Diskurses über die Methoden und Zwecke des Journalismus ein.
  2. Hauptziel des Medien-Ombudsmanns ist die Förderung der Transparenz innerhalb seines Medienunternehmens.
  3. Der Ombudsmann wirkt auf den Schutz der Pressefreiheit hin und fördert einen verantwortungsvollen, qualitativ hochwertigen Journalismus.
  4. Zu den Aufgaben des Ombudsmannes gehört es, Beschwerden über Medienberichte im Namen der Öffentlichkeit entgegen zu nehmen und zu untersuchen.
  5. Der Ombudsmann empfiehlt das am besten geeignete Vorgehen, um Lösungen für die in Beschwerden angesprochenen Fragen zu finden.
  6. Der Ombudsmann handelt unabhängig im Interesse der Nachrichtenkonsumenten.
  7. Der Ombudsmann bemüht sich, vollkommen neutral und fair zu bleiben.
  8. Der Ombudsmann übt keine Tätigkeit aus, die einen Interessenkonflikt hervorrufen könnte.
  9. Der Ombudsmann verdeutlicht die Aufgaben und Pflichten des Journalismus gegenüber der Öffentlichkeit.
  10. Der Ombudsmann handelt als Mediator zwischen den Erwartungen der Öffentlichkeit und den Verantwortlichkeiten von Journalisten.
     

 

Quelle: ORGANIZATION OF NEWS OMBUDSMEN (Übersetzung TBM Marketing)